An
die Öffentlichkeit !
Ich bin
ein Opfer des türkischen Systems, das die Menschenrechte nicht
einhält und die kurdische Frage nicht gelöst hat. Als ich noch
ein Kind war, erzählte mir meine Mutter wie in meinem
Geburtsjahr die türkischen Soldaten auf den Hängen des heiligen
Bergs Bawa Duzgin Kurden aus Dersim massakriert hatten. Dieses
Kindheitserlebnis habe ich bis jetzt nicht vergessen.
Ich schrieb Romane darüber, damit das kurdische und insbesondere
das türkische Volk dieses Verbrechen nicht vergisst. Denn das
Vergessen eröffnet neuen Verbrechen die Tür.
Der
türkische Staat führt seit 25 Jahren einen grauenhaften Krieg in
Kurdistan um sein Verbrechen in Dersim und im gesamten Kurdistan
zu verheimlichen. Dieser Krieg ist wie alle anderen Kriege
natürlich furchtbar. Er hinterließ in der Gesellschaft tiefe
Wunden und unheilbare psychische Schäden.
Der
türkische Staat versucht mit all seinen Institutionen Menschen
wie mich, der ich Gewalt ablehne und nur auf freie
Meinungsäußerung setze, als Terroristen zu deklarieren.
Die
Türkei hat mir vor 64 Jahren, als ich eingeschult wurde, meine
Muttersprache, meine Kultur und meine Identität geraubt.
Wenn
ich mich - wie manche es machen - unauffällig verhalten würde,
und mich nicht gegen dieses Verbrechen gewehrt hätte, dann hätte
ich vielleicht bei der AKP oder einer der anderen Parteien
Karriere gemacht.
Aber
ich habe durch meinen unbeugsamen kurdischen Willen und die von
Dersim geprägte Aufrichtigkeit und Unabhängigkeit meinen Platz
an der Seite des unterdrückten und geschundenen kurdischen
Volkes eingenommen.
Das
Dersim - Massaker habe ich in meinen Romanen behandelt und in
zahlreichen Kolumnen das Verbrechen an den Kurden geschildert.
50 Jahre lang habe ich mich dafür eingesetzt, dass die Gewalt
ein Ende findet und alle Völker in der Türkei friedlich
nebeneinander leben können.
Und ich
habe 40 Jahre lang versucht meine Schüler zu erziehen, dass sie
an der Seite der Unterdrückten ihren Platz einnehmen und sich
gegen jegliche Ungerechtigkeit und gegen Rassismus wehren
sollen. Das System, mit dem ich mich angelegt habe, ist
gewalttätig und barbarisch.
Die
faschistische Junta hat mich im Jahr 1982 ausgebürgert und meine
Habe versteigert. Ich bin deutscher Staatsbürger, aber seit
dreißig Jahren kann ich nicht in die Türkei reisen.
Trotzdem versucht der türkische Staat -auch mit Hilfe seiner
europäischen Unterstützer aus Politik und Wirtschaft,- mir die
Mitgliedschaft einer terroristischen Organisation anzuhängen und
mich durch Interpol festnehmen und in die Türkei ausliefern zu
lassen.
Man
will also jemanden, der sich schon als Kind mit den
schrecklichen Massakern von Dersim konfrontiert sah, dem
Muttersprache und Kultur weggenommen wurden, dem seine Identität
geraubt wurde, noch im hohen Alter als Terroristen deklarieren.
Das
sieht einem Staat wie dem türkischen gleich, der den 75 Jahre
alten Seyid Riza im Jahr 1937 aufhängen wollte und deshalb sein
Alter auf 59 Jahre herabsetzen ließ.
Dieser
Staat besitzt eine rassistisch - kemalistische und
türkisch-islamistische Ideologie. Wer gegen diese Ideologie ist,
wird mundtot gemacht. Selbst die Menschen, die wegen ihrer
Herkunft und ihrer Überzeugung ins Exil geflüchtet sind, werden
verfolgt und bedroht.
Mag
sein, dass die Türkei Erfolg haben kann, meine Bewegung
einzuengen. Aber sie kann niemals angesichts der entwickelten
technischen Kommunikationsmöglichkeiten meine Gedanken und deren
Verbreitung einschränken.
Ich
werde meinen Widerstand solange friedlich fortführen, bis das
kurdische Volk die ihm zustehenden Rechte bekommt und einen
würdigen Platz unter der Sonne der Menschheit eingenommen hat.
Haydar
Isik,